Die möglichen Nachwirkungen der Schuldenerlasse für Griechenland in Verbindung mit der
eingeführten CAC-Klausel

Erklärung der CAC -Klausel (Collective Action Clause) und Einführung:

Der englische Begriff „collective action“ wurde aus der Soziologie entnommen. Im Zusammenhang mit Staats- und Unternehmensanleihen bedeutet er, dass der Beschluss zur Umsetzung eines Schuldenerlasses im Falle der mehrheitlichen Zustimmung für sämtliche Anleihegläubiger bindend ist. Erste Anwendung fand eine CAC-Klausel nach dem Staatsbankrott im Dezember 2001 in Argentinien. Später folgten in den Jahren 2003 bis 2008 Mexiko, Uruguay und Brasilien.

Im Juli 2009 ist die CAC-Klausel in Deutschland im Schuldverschreibungsgesetz §5 eingefügt worden. Danach können auch wesentliche Anleihebedingungen insgesamt für alle Gläubiger geändert werden, sofern lediglich eine Mehrheit der Gläubiger zustimmt. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die CAC-Klausel keine unangemessene Benachteiligung des Anleiheschuldners oder der Gläubigerminderheit nach § 307 BGB darstellt.

Von Januar 2013 an wurde in allen Staatsanleihen der EU-Mitgliedstaaten nach Artikel 12 Abs. 3 ESM-Vertrag eine standardisierte, identische Umschuldungsklausel aufgenommen. Sie ist mit US-amerikanischem und englischem Recht vereinbar. Aktuell wird angenommen, dass mittlerweile über 90 % der weltweit im Umlauf befindlichen Staatsanleihen die CAC-Klausel beinhalten.

Vor Einführung der CAC-Klausel war es schwierig, die „Staatsausfälle“ auf die Anleger zu übertragen. Oft waren nicht zustimmende Anleihegläubiger (Anleger, die ihr Geld über Banken, Fonds und Versicherungen, meist unbewusst, in Staatsanleihen investiert hatten) der Grund dafür, dass ein Schuldnerstaat seine Verluste nicht auf Privatanleger übertragen konnte. Die Verluste blieben bei demjenigen, der sie zu verantworten hatte.

Zumeist verfolgten diese Anleger, die natürlich gegenüber Großbanken und Versicherungen immer in der Minderheit sind, bewusst die Taktik eines „Holdouts“ (Verweigerung), um den Nachteil eines Schuldenschnitts zu verhindern.

Da sich bereits in den frühen 2000-ern eine kommende, weltweite „Staatsüberschuldung“ abzeichnete, die unweigerlich zu einer extremen Häufung von Schuldenschnitten führen wird, bestand auch weltweit Einvernehmen, das „Krisenmanagement zu verbessern“, indem man die Ausfälle von Staaten auf die Anleger überträgt – die CAC-Klausel.

Was hat die CAC-Klausel jetzt mit Griechenland und Ihrem Geld zu tun?

Hier zitieren wir der Einfachheit halber die aktuelle Lage: *

„Im Rahmen der Rettungshilfen hat Griechenland in drei Hilfsprogrammen insgesamt 272,7 Mrd. Euro als de facto subventionierte Kredite erhalten. Davon kamen aus dem Euroraum 240,6 Mrd. Euro und vom Internationalen Währungsfonds (IWF) 32,1 Mrd. Euro. Im April 2018 hatte Griechenland Staatsschulden im Umfang von 320 Mrd. Euro, entsprechend 175,9 % in Relation zum BIP. Für die bilateralen Kredite des Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM), des ersten Hilfsprogramms, muss Griechenland jährlich Zinsen bezahlen – 2014 waren es etwa 400 Mio. Euro. Die Tilgung der bis 2040 laufenden Kredite beginnt 2020. Die Laufzeit der Kredite der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) aus dem zweiten Hilfsprogramm wurde gegenüber der ursprünglichen Vereinbarung um 15 Jahre verlängert.“

* Prof. Dr. Dirk Meyer; Deutscher Wirtschafts-wissenschaftler und Professor an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg; Lehrstuhl für Ordnungsökonomik

„Die durchschnittliche Laufzeit beträgt jetzt 32,5 Jahre. Griechenland muss diese Kredite in den Jahren von 2023 bis 2056 vollständig tilgen, wobei die Liquiditätsbelastung aus diesen Krediten bis 2043 relativ gering bleibt. Zudem fallen erst ab 2022 Zinszahlungen an. Die durchschnittliche Laufzeit der an Griechenland gewährten Kredite des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) beträgt 30,2 Jahre. Bis 2034 sind diese Kredite tilgungsfrei. Die Laufzeiten enden 2057 bis 2059.“

Sie sehen, die Krise in Griechenland 2012 ist also keinesfalls gelöst, sondern nur in die Zukunft verschoben. Allerdings mit einem wesentlichen Vorteil! In der Zwischenzeit sind nämlich alle Kredite, die wir Griechenland gewährt haben, mit jener CAC-Klausel versehen. Sollte also in den nächsten Jahren Griechenland in „Rückzahlungsschwierigkeiten“ geraten …

Kein Problem für Griechenland oder die EZB. Ihre Bank, Ihre Versicherung oder Ihre Fondsgesellschaft bekommt – juristisch korrekt – nur einfach das Geld nicht oder nur teilweise zurück und über die CAC-Klausel stimmt Ihr „Anlageverwalter“ für Sie zu, dass Sie damit einverstanden sind!

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